DZ HYP veröffentlicht neue Studie „Immobilienmarkt Ostdeutsche Bundesländer und Berlin 2022/2023“
01.12.2022
- Herausforderungen des Einzelhandels treffen alle Standorte
- Büroobjekte mit hoher Energieeffizienz zunehmend gefragt
- Wohnungsmieten steigen moderat
Im Durchschnitt der ostdeutschen Bundesländer ist die Wirtschaft in den vergangenen Jahren merklich gewachsen. Gleichwohl sind die Unterschiede im deutsch-deutschen Vergleich immer noch spürbar. Dies spiegelt sich auch im niedrigeren Mietniveau wider. Vor allem im Segment Einzelhandel ist auch 2023 ein Rückgang der Spitzenmieten in den Innenstädten aller untersuchten Standorte realistisch. Bei Büroimmobilien hingegen steigen diese trotz der herausfordernden Rahmenbedingen wohl weiterhin an – allen voran in Leipzig, Dresden und Potsdam. Dazu trägt an allen Standorten insbesondere der Bedarf an modernen Flächen mit hoher Energieeffizienz bei, dem ein viel zu knappes Angebot gegenübersteht. Der Wohnungsmarkt zeichnet sich mit Blick auf die Mieten durch eine weitestgehend homogene Entwicklung in den ostdeutschen Städten aus. Trotz einer soliden Nachfrage sind die Aussichten jedoch von hoher Unsicherheit geprägt. Die zunehmende Wohnungsnachfrage durch wachsende Einwohnerzahlen spricht zwar für einen Mietanstieg. Ob es angesichts der vielfältigen Belastungen der privaten Haushalte aber dazu kommt, bleibt abzuwarten.
Das sind die Kernerkenntnisse der Studie „Gewerblicher Immobilienmarkt Ostdeutschland 2022“, die die DZ HYP bereits zum vierten Mal veröffentlicht. Darin werden die zehn wichtigsten ostdeutschen Standorte und deren Entwicklung in den Segmenten Einzelhandel, Büro und Wohnen untersucht.
Mark Meissner, Leiter des DZ HYP Immobilienzentrums Berlin, erläutert: „Den Trends am deutschen Immobilienmarkt wie etwa den steigenden Büro- und Wohnungsmieten oder der anhaltenden Handelsschwäche folgen auch die ostdeutschen Großstädte. Die Entwicklung ist jedoch durch die große Bandbreite der Wachstumsdynamik unterschiedlich. Gute Perspektiven und damit vielversprechende Anlageperspektiven für Investoren bieten insbesondere Dresden, Leipzig, Erfurt und Potsdam im Speckgürtel von Berlin. Dies belegt auch das Interesse nationaler und internationaler Konzerne, die zunehmend in Ostdeutschland investieren.“
Die Ergebnisse im Detail:
Bürospitzenmieten setzen ihren Aufwärtstrend fort
In Ostdeutschland hat der Bedarf an zeitgemäßen Büroflächen in den vergangenen Jahren merklich zugenommen. Neben Berlin stieg die Bürobeschäftigung insbesondere in Dresden und Leipzig spürbar an. Gleichwohl entwickelt sich der Neubau verhalten, sodass sich die Fläche kaum noch ausweitete. Nun dürfte sich der Bürobau aufgrund von Lieferengpässen und Preissteigerungen beim Baumaterial sowie spürbar angezogener Finanzierungskosten noch abschwächen. So nahmen die kumulierten Fertigstellungen für Bürogebäude bereits in den zurückliegenden Jahren nur moderat zu, obwohl sich die Baugenehmigungen seit 2014 verdreifachten. Infolgedessen sind die Leerstände an allen betrachteten ostdeutschen Standorten und Berlin rückläufig. Besonders kräftig sind sie in der Hauptstadt sowie in Dresden und Leipzig gesunken. An sechs Standorten bewegt sich die Leerstandsquote heute zudem mit etwa 3 Prozent auf einem niedrigen Niveau. Lediglich in Magdeburg und Leipzig fallen die Leerstände etwas höher aus.
Der Leerstandsabbau geht seit vielen Jahren mit steigenden Büromieten einher. Im bundesweiten Vergleich sind die Spitzenmieten sogar überdurchschnittlich gestiegen. Dies ist insbesondere auf die Entwicklung in Berlin, Dresden und Leipzig zurückzuführen. In Berlin weitete sie sich von 2011 bis 2021 um rund 90 Prozent, in Dresden und Leipzig um jeweils gut 50 Prozent. Im Durchschnitt lag die Bürospitzenmiete der ostdeutschen Oberzentren bei knapp 14 Euro je Quadratmeter, wenngleich die realisierten Mieten an den jeweiligen Standorten meist spürbar unter oder über dem Durchschnittswert lagen. Die teuersten ostdeutschen Bürostandorte sind Leipzig, Dresden und Potsdam mit einem Quadratmeterpreis zwischen 17,00 und 15,50 Euro. Als Top-Standort ist Berlin mit 43 Euro pro Quadratmeter im dritten Quartal 2022 kaum einholbar.
Angesichts des nach wie vor knappen Angebots an modernen Flächen sind immer noch steigende Spitzenmieten zu erwarten. Denn die im Bau befindlichen Flächen sind meist schon vermietet. Im schwächeren Marktumfeld dürfte der Leerstand vor allem bei veralteten Flächen zunehmen. Gleichzeitig wird sich das Interesse an nachhaltigen Büroobjekten mit hoher Energieeffizienz verstärken.
Wohnungsmieten steigen weiter, wenn auch nur noch moderat
Die Aussichten für den Wohnungsmarkt sind von Unsicherheit geprägt. Dazu zählt das schwer zu kalkulierende Ausmaß des Zuzugs insbesondere auch von Kriegsgeflüchteten aus der Ukraine, der Einbruch beim Neubau, die Entwicklung der Heizkosten und die Folgen der Rezession. Ohnehin fallen in Ostdeutschland die Erstbezugsmieten in Relation zu westdeutschen Standorten gemessen an der Einkommenshöhe recht hoch aus.
Wie überall in Deutschland legten die Mieten auch an den ostdeutschen Standorten oft mit hohem Tempo zu. Im Durchschnitt stieg die Erstbezugsmiete in den neun untersuchten Oberzentren binnen zehn Jahren um zwei Drittel. In Berlin lag das Plus bis 2021 bei gut 80 Prozent. Vor allem an den regionalen Standorten hat sich die Dynamik der durchschnittlichen Erstbezugsmieten im vergangenen Jahr sichtbar auf unter 3 Prozent verlangsamt. Gründe dafür sind der langsamere Zuzug und das verbesserte Neubauangebot. Damit stiegen die Mieten 2021 erstmals seit zehn Jahren wieder langsamer als die Inflation. So reichte die durchschnittliche Erstbezugsmiete in den ostdeutschen Oberzentren von 9,50 Euro je Quadratmeter in Chemnitz bis zu 13,40 Euro je Quadratmeter in Potsdam. Mit 12 Euro je Quadratmeter ist Leipzig das zweitteuerste Oberzentrum. In Berlin, dem mit Abstand teuersten analysierten Standort, lag die durchschnittliche Erstbezugsmiete bei 16,20 Euro. Im laufenden Jahr setzte sich der Aufwärtstrend an allen Standorten fort.
Durch den steigenden Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine und anderen Ländern sowie im Ausland angeworbenen Fachkräften dürfte die Nachfrage weiter zunehmen. Bei einem gleichzeitig rückläufigen Neubau spricht dies für einen anhaltenden Mietanstieg. Ob es dazu kommt, ist aber fraglich. Die privaten Haushalte leiden unter der hohen Inflation und den hohen Energiepreisen. Gegen kräftige Erhöhungen spricht zudem die Mietregulierung, zumindest bei Wohnungen im Regelungsbereich der Mietpreisbremse. Die erhoffte Entspannung an den Wohnungsmärkten wird zwar voraussichtlich ausbleiben. Bis Ende 2023 dürften die Mieten aber nur moderat und damit erneut langsamer als die Verbraucherpreise steigen. Bei Neubauten sowie modernen Wohnungen mit guter Energieeffizienz und entsprechend günstigen Heizkosten ist das Mieterinteresse voraussichtlich ausgeprägter. Vor dem Hintergrund des schon hohen Niveaus bleibt für weitere Erhöhungen aber kaum Spielraum.
Einzelhandel: Rückgang der Spitzenmiete setzt sich fort
Dem bundesweiten Trend folgend sind die Rahmenbedingungen im Einzelhandel auch an den ostdeutschen Standorten herausfordernd. Seit rund fünf Jahren sinken die Spitzenmieten in den Innenstädten angesichts der Umsatzverluste an das Online-Shopping. Die Pandemie hat diese Abwärtsbewegung beschleunigt. Der Rückgang betrifft sowohl die analysierten Oberzentren als auch Berlin. Das Ausmaß ist an den einzelnen Standorten unterschiedlich ausgeprägt. So sank die Spitzenmiete in Magdeburg gegenüber ihrem früheren Maximalwert bis 2021 lediglich um 6 Prozent. In Halle und Chemnitz war der Rückgang dagegen viermal so kräftig. Im Durchschnitt der untersuchten regionalen Standorte lag der Mietrückgang bei 14 Prozent. In Berlin war der Wert Ende 2021 mit minus 13 Prozent nur wenig besser. Bis zum Ende des dritten Quartals 2022 weitete sich der Rückgang auf 16 Prozent aus. Absolut betrachtet ist das ostdeutsche Mietniveau im bundesweiten Vergleich eher niedrig. 2021 wiesen drei von neun Oberzentren – Chemnitz, Magdeburg und Schwerin – eine Spitzenmiete von unter 50 Euro je Quadratmeter auf. Im Durchschnitt lag sie in den untersuchten Oberzentren bei etwas mehr als 70 Euro je Quadratmeter. Berlins Spitzenmiete ist etwa viermal so hoch.
Um den Präsenzhandel attraktiver zu machen, sind neue Konzepte gefragt. Die Flächenvermietung dürfte daher noch herausfordernder werden und die Mieten in den Top-Lagen der Innenstädte auch 2023 weiter nachgeben. Retailer oder Gastronomen auf Flächensuche dürften sich insofern in einer günstigen Ausgangsposition für Verhandlungen befinden.