Suchen
de
Suche öffnen

Ganzheitlich nachhaltig agieren

23.07.2020

Interview mit Jörg Hermes, Vorstandsmitglied der DZ HYP

 

Herr Hermes, zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Berufung in den Vorstand. Sie sind seit dem Jahr 2002 im Unternehmen, waren auch schon Teil der ehemaligen DG HYP. Das heißt, Sie kennen die Bank gut. Werden Sie in Ihrer neuen Funktion lieber das Alte bewahren oder das Neue voranbringen?

Es gibt erfreulicherweise keine Notwendigkeit, den erfolgreichen Weg der DZ HYP zu korrigieren. Vielmehr haben wir die Möglichkeit, Etabliertes zu bewahren und angemessen auf die erkennbaren Zeichen der Veränderung zu reagieren. Wir können aus einer starken Position heraus analysieren, was die Zukunft der DZ HYP an Chancen bietet und dann die entsprechenden Schritte gehen.

Was bedeutet das konkret?

Es ist uns in den letzten Jahren trotz des sehr intensiven Fusionsprozesses gelungen, unsere Marktposition in allen Geschäftsfeldern zu behaupten oder sogar zu verbessern. Intern haben wir uns dabei viel mit uns selbst beschäftigt. Das war zur Herstellung einer integrierten Systemlandschaft und harmonisierter Steuerungsmethoden notwendig, hat aber auch viel Kraft gekostet. Außerdem sind deswegen in unserem Haus einige Megatrends, die Gesellschaft, Politik und Wirtschaft momentan bewegen, in die zweite Reihe geraten. Wir haben sie nicht aus den Augen verloren, aber auch nicht mit voller Energie vorantreiben können. Das wollen wir jetzt angehen.

Das klingt nach frischem Wind für die DZ HYP. Was sind für Sie die „Megatrends“, um die Sie sich kümmern wollen?

Vorausgesetzt, dass sich die Bekämpfung der Folgen von Pandemien nicht als neuer Trend durchsetzt, sind dies für uns als Immobilienbank derzeit vier: Regulatorik, Digitalisierung inklusive der damit verbundenen IT-Sicherheit, Demografie und natürlich die Nachhaltigkeit. Nach meiner Auffassung müssen wir diese Felder miteinander verzahnen. Für mich fungiert der Nachhaltigkeitsfokus dabei als Klammer. Nachhaltigkeit ist ein Generationenthema, das alle Gesellschaftsbereiche umfasst. Das merke ich nicht zuletzt bei mir zuhause, wenn ich mit meinen Kindern über Themen wie den Klimawandel diskutiere.

In der DZ HYP müssen wir zum jetzigen Zeitpunkt erkennen: Auch wir haben uns entwickelt, aber durch die Fusion sind wir in Sachen Nachhaltigkeit etwas überholt worden. Das zeigt sich auch in den Ratings. Wir haben zwar immer noch den Prime-Status, aber statt einer C+-Bewertung bei ISS-ESG nur noch ein C. Nicht überall der Erste zu sein, hat jedoch durchaus auch Vorteile. Wir haben uns bei der Pionierarbeit etwas zurückgehalten und können nun gegebenenfalls von den Erkenntnissen anderer Marktteilnehmer profitieren. Wir wollen als Finanzunternehmen ganzheitlich nachhaltig agieren.

Sie haben Ihre Kinder erwähnt. Ist das Thema Nachhaltigkeit mehr als nur ein Job für Sie?

Das kann man so sagen. Für mich ist das ein echtes Anliegen und ich merke auch im Freundes-, Familien- und Kollegenkreis, dass es vielen Menschen am Herzen liegt. Diesen grundsätzlichen ideellen Wert mit dem primär ökonomisch geprägten Berufsleben zu verbinden, ist eine spannende Aufgabe. Es wäre doch schön, wenn nachhaltige Unternehmensführung mittelfristig ökonomische Vorteile wie beispielsweise günstige Refinanzierungskosten für unsere DZ HYP bringt. Das wollen wir versuchen. Zudem hoffe ich, dass wir durch nachhaltiges Handeln auch junge Leute für die Arbeit in unserer Bank begeistern können. Wir wollen als DZ HYP zeigen, dass die Immobilienfinanzierung zahlreiche Gestaltungschancen im Sinne der Nachhaltigkeit bietet. Hier erkennt man auch gut die Verbindung zum Thema Demografie.

Die jungen Leute mit Nachhaltigkeit überzeugen, keine schlechte Idee. Wie überzeugen Sie andere Stakeholder, die dem Thema vielleicht kritischer gegenüberstehen?

Das Schöne an dem Thema Nachhaltigkeit ist, dass es grundsätzlich positiv belegt ist. Jeder wird bestätigen, dass Nachhaltigkeit per se ein erstrebenswertes Ziel ist. Darin steckt eine große Chance, Menschen für das Thema zu motivieren. Die Vorbehalte kommen eher aus praktischen Überlegungen im beruflichen Umfeld. Das Streben nach Nachhaltigkeit macht zunächst einmal Prozesse komplizierter. Wir müssen Handlungsweisen überdenken und eine Vielzahl zusätzlicher Daten erheben und auswerten können. Hier kommt das Thema Digitalisierung ins Spiel. Der effiziente und zweckmäßige Umgang mit diesen Daten wird zunehmend entscheidend für die Wettbewerbsposition sein. Die Bankenaufsicht und generell die Politik werden das Ziel verfolgen, Nachhaltigkeit zu belohnen oder das Ausbleiben nachhaltigen Handelns zu sanktionieren. Das könnte sich zum Beispiel im Preis für Pfandbriefe oder bei der Eigenkapitalunterlegung niederschlagen. Nachhaltigkeit steht somit nicht im Widerspruch zu ökonomischen Zielen. Wir müssen uns davon lösen, hier einen Zielkonflikt zu sehen.

Welche Aufgaben gehen Sie als Nächstes an?

Wir haben bereits 2019 intensiv analysiert, wo wir beim Risikomanagement, bei der Kreditvergabe und bei den nachhaltigen Produkten mehr Schwung aufnehmen müssen.

Insgesamt geht es nun darum, diese Erkenntnisse aufzugreifen und mit den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen abzugleichen, die als Elemente des Aktionsplans für nachhaltiges Bankwesen der Europäischen Kommission angekündigt sind. Hierfür brauchen wir eine breitgefächerte und regelmäßige Analyse, weil Vieles noch nicht als abgestimmter Gesetzestext vorliegt. Dies ist übrigens ein gutes Beispiel für die von mir angesprochene Verbindung der Nachhaltigkeit zur Regulatorik.

Wie gehen Sie genau vor, um das zu gewährleisten?

Anfang 2020 haben wir eine „Task Force“ gegründet. Darin kümmern sich Vertreter aus unterschiedlichen Fachbereichen wie Kapitalmarkt, Nachhaltigkeit, Aufsichtsrecht, Risikocontrolling und Zentraler Datenhaushalt um eine umfassende Bestandsaufnahme. Auf der Basis werden wir im Anschluss sicherstellen, dass diesen Erkenntnissen Taten folgen. Indem wir die Themenfelder systematisch verzahnen, können wir das weitere Vorgehen ganzheitlich planen, damit wir unsere Ziele erreichen. Zum Beispiel werden wir nachhaltige Kriterien für die Kreditvergabe definieren und implementieren. Das ist die Grundlage, auf der wir in der Folge nachhaltige Produkte wie beispielsweise einen grünen Pfandbrief anbieten können.

Das klingt nach vielen Baustellen. Ist die DZ HYP nach der Fusion überhaupt schon bereit für so einen Kraftakt?

Noch zu Jahresanfang hätte ich uns diesen Kraftakt durchaus zugetraut, weil ich von der Leistungsfähigkeit unserer Organisation überzeugt bin. Inzwischen müssen wir uns eingestehen, dass das Coronavirus eine verlässliche Planung unmöglich macht. Bei all unseren Zielen für das Jahr 2020 müssen wir deswegen einen Vorbehalt aussprechen. Vermutlich werden wir nicht alles wie ursprünglich vorgesehen umsetzen können. Gleichwohl sind wir zuversichtlich, Fortschritte zu machen und zum Jahresende spürbare Ergebnisse zu erzielen. Trotz aller Widrigkeiten möchten wir das Thema Nachhaltigkeit priorisieren, weil es für uns auch ein Aufbruchssignal ist. Ich spüre bei meinen Gesprächen in der Bank, dass viele unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter große Lust haben, die DZ HYP noch nachhaltiger aufzustellen. Wir müssen diesen Schwung nutzen und dafür sorgen, dass wir alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diesem Prozess mitnehmen.

Wie soll das konkret erfolgen?

Ende 2019 haben wir unseren Nachhaltigkeitsausschuss gegründet. Dieses Gremium, dem die Bereichsleiterinnen und Bereichsleiter der Bank angehören, trifft sich derzeit rund alle sechs Wochen. Hier präsentiert die Task Force regelmäßig ihre Erkenntnisse und die Beteiligten diskutieren gemeinsam die neuesten Entwicklungen und treffen Entscheidungen. Einerseits werden so die Prozesse ins Unternehmen getragen und in den Bereichen verankert. Andererseits sollen die Bereiche die Chance haben, frühzeitig ihre Meinung bei der Entscheidungsfindung einzubringen und den Finger zu heben, wenn die Anforderungen zu groß werden. Außerdem nutzen wir das Intranet und unsere interne Veranstaltungsreihe zum Thema Nachhaltigkeit, um alle Beschäftigten regelmäßig über neue Entwicklungen zu informieren.

Zum Abschluss bitte eine Prognose: Wie nachhaltig leben wir im Jahr 2030?

Derartige Zukunftsprognosen sind nicht meine Kernkompetenz, ich kann Ihnen aber verraten, was ich mir wünsche: dass es uns gelingt, unseren Kindern und Enkeln eine gute Zukunft zu sichern. Persönlich versuche ich dazu beizutragen, indem ich möglichst verantwortungsvoll wirtschafte und auch verantwortungsvoll mit der Umwelt und mit meinen Mitmenschen umgehe. Für die DZ HYP wollen wir einen Weg finden, unsere Rentabilitätsziele mit einem ambitionierten Anspruch für nachhaltiges Handeln in Einklang zu bringen.

 

 

 

Zurück